*Gastbeitrag von K-Nähleon*

 

Hallo, darf ich vorstellen? Ich bin Cailin Farrell von K-Nähleon und das hier ist mein Stoffvorrat. Als ich vor gut einem Jahr mit dem Nähen angefangen habe, war er mit 50cm Jersey und 4m Webware noch ein Baby, aber jetzt ist er rund 50m groß geworden und wiegt etwa 10kg. Ich finde, er ist erwachsen und braucht nicht mehr weiter zu wachsen.

Allerdings ist es nicht immer ganz einfach, diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen, denn es geht mir wie so vielen von euch: Es macht es mir großen Spaß, in den Online-Shops oder auf dem Stoffmarkt zu stöbern und schöne Stöffchen zu kaufen. Ganz besonders freue ich mich, wenn ich sie auch noch zu einem Schnäppchenpreis ergattern konnte. Das Blöde ist nur, dass es viel länger dauert, den Stoff zu vernähen als ihn zu kaufen. Und wenn ich ganz ehrlich mit mir bin, manchmal trägt das Ganze auch leichte Anzeichen einer Stoff-Sucht, ich kann mich nur schwer stoppen, nicht noch etwas mehr zu kaufen.

Wie du beim Stoffkauf die Bremse reinhaust Stoffsucht stoffkauf nähen

Im letzten halben Jahr habe ich es allerdings geschafft, dass mein Lager nicht mehr nennenswert wächst und heute möchte ich dir erzählen, wie es dazu kam.

Brauche ich überhaupt ein Stofflimit?

Ich denke, es ist eine sehr persönliche Frage, ob man ein Limit braucht.  Wenn du genug Platz und genug Geld hast, wenn du deine Stoffe gerne streichelst und ausschließlich Freude am Anblick deiner Stoffvielfalt hast, wenn es auch mit deinen Mitbewohnern keinen Stress gibt, dann gibt es natürlich keinen Grund etwas zu ändern. Vielleicht hast du gerade mit dem Nähen angefangen und baust dir gerade einen Grundstock auf oder du kaufst sowieso nur projektbezogen? Dann ist ja alles perfekt.

Aber vielleicht gibt es doch eine Wolke am Stoffhimmel? Gründe für ein Stofflimit können sein:

  • Du hast einfach nicht genug Platz. Es stört dich, dass die Stoffe schon in Kisten ausgelagert werden müssen.
  • Du willst gar nicht wissen, wie viel die Stoffe zusammen gekostet haben. Das Geld würdest du eigentlich lieber für die Altersvorsorge, für eine Massage oder für den nächsten Urlaub ausgeben.
  • Du trägst deine neuen Stoffe heimlich ins Haus, damit dein Mann nicht sieht, wie viel du wieder gekauft hast.
  • Die Menge an Stoff erschlägt dich, weil so viele Projekte genäht werden wollen und du gar nicht hinterher kommst.
  • Deine Stoff- oder Nähvorlieben ändern sich, manche Stoffe gefallen dir nach einiger Zeit gar nicht mehr. Oder du hast lauter Taschenstoffe und fängst dann an, Kinderkleidung zu nähen.

Stoffvorrat_KNaehleon

Bei mir war es so, dass ich meinen Vorrat gerne auf eine Unterbettschublade begrenzen wollte. Aber letzten Sommer war es nicht mehr zu leugnen: Als ich aufgeräumt habe, war die zweite Schublade auch fast voll. Allerdings hat diese Erkenntnis alleine, nur bedingt geholfen, ich habe zwar weniger gekauft, aber die Zunahme war noch nicht ganz gestoppt.

Den „Aha-Moment“ hatte ich, als mir klar wurde: Wenn ich dauerhaft mehr Stoff kaufe, als ich vernähe, gibt es viele Stoffe, die ich nie verbrauchen werde. Das ist echte Verschwendung und einfach schade, denn ich habe mir beim Kauf ein schönes Kleidungsstück vorgestellt, das nun nie entstehen wird. Da wäre es doch besser, mich auf das Nähen zu konzentrieren und nicht auf das Kaufen.

Ja – ich möchte weniger Stoff kaufen

Da passte es gut, dass ich im letzten Sommerurlaub im Flughafen zufällig das Buch „Nine Things Successful People Do Differently“* von Heidi Grant Halvorson entdeckt habe. Laut der Autorin zeigt die Wissenschaft 9 Methoden, die erfolgreiche Menschen dabei unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Ich versuche, meinen Weg an einigen dieser Methoden zu spiegeln, wenn ich auch bei weitem nicht alles perfekt umsetze.

  1. Ich habe mein Ziel erreicht, wenn…

Es ist wohl der häufigste Fehler, den Menschen machen, und auch ich bin anfangs an diesem Punkt gescheitert: Ich habe mir kein konkretes Ziel gesetzt, sondern ich habe mir vorgenommen „weniger“ Stoff zu kaufen. Nun ist „weniger“ schlecht messbar und ich wusste nie, ob ich mein Ziel erreicht habe oder nicht.

Frage dich also: „Wann weiß ich, dass ich mein Ziel erreicht habe?“ und formuliere dein Ziel entsprechend um. Bei mir war das:

  • „Ich habe mein Ziel erreicht, wenn mein Stofflager den Stand von letzten September immer wieder erreicht.“
  • „Ich möchte nur so viel Stoff kaufen, wie ich seit September vernäht habe.“

Je nachdem, was du erreichen möchtest, könntest du andere konkrete Ziele haben:

  • „Ich möchte maximal 50/100 Euro im Monat ausgeben.“
  • „Ich kaufe nur noch Uni-Stoffe.“
  • „Ich möchte alle Stoffe verschenken/verkaufen, die mir nicht mehr gefallen.“
  1. Nutze den Moment, um zu handeln

Unser Gehirn ist wohl auf Wenn-Dann-Zusammenhänge programmiert. Wir können das nutzen, indem wir unsere Ziele entsprechend formulieren. Das Gehirn scant dann (zum Teil unbewusst) die Umgebung nach der Wenn-Bedingung und erinnert uns an unsere guten Vorsätze. In meinem Fall ist das zum Beispiel:

  • Wenn mein Stoff-Vorrat unter den Stand von letzten September fällt, dann darf ich wieder Stoff kaufen.
  • Wenn die Kinder am Samstag ins Bett gegangen sind, dann nähe ichdas Batman-Shirt fertig.

Was sind deine Wenn-Dann-Pläne?

Nähtagebuch_KNaehleon_1200

  1. Wisse immer, wie weit du noch zu gehen hast

Glücklicherweise weiß ich genau, wie viel ich nähe (viel besser sogar als wie viel Stoff ich habe).

Von Anfang an habe ich Buch geführt, was ich nähe und wie viel Stoff das verbraucht. Wieso? Ich freue mich schon immer daran, wenn ich sehe, wie viel Meter ich schon vernäht habe. Seit Mitte des letzten Jahres trage ich auch meine Stoffkäufe ein.

 

  1. Sei ein realistischer Optimist

Wer denkt, dass das Ziel einfach zu erreichen ist, schafft die beste Voraussetzung dafür zu scheitern. Besser ist es, sich die möglichen Hindernisse im Voraus zu überlegen und sich zu überlegen, wie man handeln wird.

Was mache ich aber, wenn ich für irgendein Projekt etwas brauche, dass ich nicht im Haus habe? Wenn ich meine, dass ich etwas jetzt unbedingt brauche, um weiternähen zu können? Dann nähe ich einfach etwas Anderes. Ich habe ja so viele Stoffe da, für die ich auch schon Pläne gemacht habe und wo ich alles vorrätig habe, um loszulegen.

  1. Konzentriere dich auf das Besser-Werden

Wer sich nicht auf das Gut-Sein sondern auf das Besser-Werden konzentriert, wer sich also erlaubt auch Fehler machen zu dürfen, der entwickelt sich weiter und macht paradoxerweise wohl weniger Fehler.

  1. Dran bleiben

Durchhaltevermögen ist das wichtigste Element, um ein Ziel zu erreichen. Aber wer nicht glaubt, dass er besser werden kann, gibt auf und bestätigt so sein (falsches) Vorurteil, dass er einfach schlecht ist und immer bleiben wird.

  1. Willensstärke kann man trainieren

Es ist wie jeder Muskel, er kann trainiert werden, also nicht mit dem jetzigen Stand zufriedengeben. Willensstärke in einem Lebensbereich strahlt auf die anderen Bereiche aus.

  1. Gehe der Versuchung aus dem Weg

Newsletter der Shops abmelden, auf facebook nicht folgen, nicht auf den Stoffmarkt gehen

  1. Konzentriere dich auf das, was du tun wirst, nicht darauf, was du nicht tun wirst

Wer sich vornimmt: „Ich kaufe nie wieder Stoff“ wird aller Voraussicht nach irgendwann rückfällig und kauft mehr ein als ohne den Vorsatz. Daher wichtig: im Voraus einen Ersatz-Plan machen. „Wenn ich das Verlangen habe, Stoff zu kaufen, werde ich stattdessen…

 

Und du, hast du auch eine Methode, um euren Stoffkäufe in Zaum zu halten? Kaufst du einfach, was dir gefällt? Oder gehört du zur disziplinierten Sorte Näherin, die ausschließlich projektbezogen kauft?

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