Unsere 1. Woche =

Gewissheit…
…komplett zu sein
…dass Schlaf Luxus ist
…dass nun das eigene Herz 2x außerhalb des Körpers herumläuft
…nur noch Zeit für wichtige Sachen zu haben
…dass große Brüder nun viel zurückstecken müssen
…dass Liebe durch 2 teilbar ist
…dass man das erste Kind mit dem Zweiten in keinster Weise vergleichen kann

…dass man sich Minuten für den Großen viel bewusster nimmt und diese viel inniger genießt als zuvor
…dass man die nächsten 12 Monate immer ein Kind an seiner Seite haben wird, die meiste Zeit 2 Kinder
…dass für „mehr Familie“ das Pärchensein zurückgefahren werden muss
…dass eine Geburtserlebnis auch beim zweiten Mal einzigartig ist und zusammenschweißt
…dass ich auf Ratgeber keinen Wert mehr lege und meinem Bauchgefühl sowie Mutterinstinkt vertraue
…dass kleine Ausflüge zu viert zur halben Weltreise werden, wenn man das Gepäck betrachtet
…dass ein Körper nach der Geburt wirklich „runter“ ist und man das Wochenbett ernst nehmen sollte
…(man könnte diese Liste unendlich weiterführen)

Es war eine chaotische Woche, gespickt mit viel Liebe, Tränen und inneren Zweifeln. 3 Tage der 1. Lebenswoche verbrachte ich im Krankenhaus und dort merkte ich schon ab der ersten, winzig kleinen Minute, wie anders beim Zweiten doch alles ist. Zu hause wurden wir dann vor ganz neue Fragen und ganz neue Probleme gestellt und natürlich spielten auch die Hormone eine große Rolle in den ersten aufregenden Tagen.

Krankenhaus: Erholung oder doch nicht?

Innerlich durchlebte ich in den Krankenhaustagen vor allem eines: Die Hin- und Hergerissenheit zwischen den beiden Kindern und meiner nachgeburtlichen Wehwehchen (wenn man es genau nimmt, sind es keine Wehwehchen – im Gegensatz zur ersten Geburt war ich total erschöpft und hatte ganz üble Nachwehen).

Den Kleinen hatte ich die ganze Zeit bei mir, streichelte ihn, küsste ihn, wusste sofort, dass er zu mir gehört und doch sprang meine zweite Herzhälfte fast bis in die Magengegend, weil ich den Großen im gleichen Moment nicht knuddeln konnte, auch nicht sein blondes Haar streicheln konnte und schon gar nicht die Möglichkeit oder Kraft hatte mit ihm zu toben. Ja, innerlich ärgerte ich mich sogar darüber, warum ich bei ihm nicht auch von Beginn an solch überragende Muttergefühle hatte und ich somit die erste Zeit gar nicht genießen konnte. Ständig ärgerte ich mich darüber, warum ich bei ihm nach der Geburt solche Kreislaufprobleme hatte, dass ich die ersten Momente gar nicht richtig wahrnehmen oder genießen konnte. Mir fiel gerade jetzt auf, wie kostbar diese ersten Momente doch sind – und doch kann ich es natürlich nicht mehr ändern und genau das stimmte mich etwas traurig. Hinzu kam, dass ich mich die ersten 3 Tage nach der Geburt von Klein T. wirklich wie gerädert fühlte – ich war so so schlapp. Am liebsten wollte ich nur schlafen und meine Ruhe haben. Als P. dann zu Besuch da war, war ich natürlich erfüllt – erst dann waren wir 4 komplett und vollkommen als Familie, jedoch musste ich mich regelrecht aufrappeln, um für ihn „da zu sein“. Es fiel mir sogar schwer mich auf ein Kinderpuzzle zu konzentrieren – was war da nur los mit mir? Mein Mann merkte schnell, dass ich körperlich nicht ganz auf der Höhe war (später stellte sich ein dicker Eisenmangel heraus) und hielt die Besuche mit P. etwas kürzer, weil der Prinz natürlich das gar nicht verstehen konnte, warum Mama dort mit Augenringen sitzt und nicht herum turnt. Jeder Abschied brachte mich fast zum Heulen. Ich sagte mir innerlich immer wieder, dass ich jetzt nicht weinen darf, weil P. das gar nicht verstehen würde und riss mich die paar Minütchen zusammen.

Die 1. Woche zu Viert – zwischen Milcheinschuss, Organisationstalent und Heultagen

 

Milcheinschuss vs. Heultage

Am 3. Tag nach der Entbindung stellte sich bei mir nicht nur der Milcheinschuss ein, sondern auch die Heultage. Ich bin im Nachhinein sogar froh, dass ich endlich eine Geburt mit allen Facetten erleben durfte – bei P. blieben die Heultage ja leider auch aus und was darauf folgte, war nun wirklich nicht nochmal erstrebenswert. Deshalb deutete ich es als gutes Zeichen, wenngleich es auch belastend war so nah am Wasser gebaut zu sein. Ich heulte wirklich viel. Ich heulte, wenn neue Babys auf Station kamen, ich heulte weil ich im Krankenhaus sein musste, ich heulte, weil mir der familäre Besuch zu viel war, ich heulte weil der Kleine nicht schlafen wollte, ich heulte weil P. nicht bei mir sein konnte und ich heulte, weil ich gerne von meinem Mann in den Arm genommen werden wollte, aber er natürlich durch P. sehr eingespannt war – kurzum: ich heulte wegen jedem Pups. Nach 3 Tagen Heulerei war dann endlich Schluss mit dem Spuck und ich fand zur emotionalen Ausgeglichenheit zurück.

Die 1. Woche zu Viert – zwischen Milcheinschuss, Organisationstalent und Heultagen1

 

Es geht nach Hause

Montag war es dann endlich soweit – wir durften nach Hause. Wie habe ich diesen Moment herbei gesehnt. Endlich kann ich wieder bei P. sein und doch hatte ich plötzlich etwas Angst, wie das alles werden soll. Ich fühlte mich von der Geburt noch so schwach und wollte eigentlich nur liegen und T. zeigte mir schon im Krankenhaus, dass er von im eigenen Bett schlafen wenig hielt und ein äußerst kuschelbedürftiges Kerlchen war – ja, er forderte seine Nähe geradezu ein – was ich von P. gar nicht kannte. Wie zur Hölle sollte da noch ein großer Bruder Platz finden? Ich fragte mich den ganzen Montagvormittag also, wie ich dem Großen in der nächsten Zeit gerecht werden soll und er nicht den Eindruck bekommt „übrig“ zu sein.

Kurz vor 11 war es soweit – T. hatte die U2 erfolgreich hinter sich gebracht und Ralf stand mit P. an meiner Zimmertüre. Wie komisch war doch dieses Gefühl nun für zwei Jungs verantwortlich zu sein und gleichzeitig kam mir P. so groß vor. Ich betrachtete ihn aus einem völlig neuem Blickwinkel. Er war lieb, wirklich überdurchschnittlich lieb zu T. und fragte mich viele Sachen. Auf dem Weg zum Auto ging er an meiner Hand und ich wurde direkt emotional. P. musste plötzlich so groß sein – da war jetzt keine Zeit zum Stehen bleiben und träumen und es war auch keine Zeit zum blödeln. Ich weiß noch, dass ich mir auf dem Weg fest vornahm, dass ich mir abends ein paar Minuten nur für P. gönne – Pustekuchen: Ich war so schlapp, dass ich viel schlief und abends, als ich P. ins Bett bringen wollte, setzte T. lärmend ein und wollte gestillt werden – an Schlaf war also für P. nicht zu denken, weshalb mein Mann die „Schicht des großen“ übernahm. Es sollte aber nicht mein letzter Versuch sein und am Freitag hat es doch tatsächlich geklappt, dass ich seelig mit beiden Jungs im Bett einschlief – wie toll ist doch dieses Gefühl meinen P. und T. um mich zu haben und vereint einzuschlafen.

Ratgeber habe ich in die Rundablage geschmissen

Der Kleine ist übrigens ein tolles Baby – ich muss ganz neu umdenken und das tut gut, denn so rutsche ich nicht in eine „ich muss alles richtig machen – Phase“ oder zerbreche mir wie beim Ersten über 500 Meinungen zu einem Babythema den Kopf und überlege, welche Meinung nun die Richtige ist: Ein Baby braucht vor allem eines: Liebe!

Die 1. Woche zu Viert – zwischen Milcheinschuss, Organisationstalent und Heultagen2

Das Baby schläft nicht allein im Bett, es schläft nicht im Schlafsack und es schläft auch nicht auf dem Rücken. Es schläft übrigens auch am liebsten auf meinem Oberkörper ein, direkt mit dem Ohr auf meiner Brust, sodass er mein Herz hören kann. Ach, und er mag es warm – ein dickes Kopfkissen zum zudecken, ist für ihn das Schönste überhaupt. Ihr könnt euch also vorstellen, wie viele Kinderärzte, Supermamas und Elternratgeber nun aufschreien (ja, genau jetzt in dem Moment) werden, dass ich mein Kind in den plötzlichen Kindstot stürze. Ich habe kurz darüber nachgedacht und abgewägt, dass mir ein zufriedenes Kind mit intakter Mutter-Kind-Bindung wichtiger ist, als erste „Erziehungsmaßnahmen“ ala „Jedes Kind kann schlafen lernen“. Er schläft seit dem Tag seiner Entbindung auf meinem Oberkörper unter meiner Decke ein und wacht auch genau dort wieder auf. Wenn der Große nachts zu uns kommt oder direkt mit im Bett liegt, schläft auch er mit unter meiner Decke. Früher hätte ich mir womöglich Vorwürfe gemacht und hätte das Baby dann nach „Anleitung“ in sein Bett gelegt – heute weiß ich, dass ich einfach darauf vertraue, was mir mein Gefühl sagt und bisher fahren wir sehr gut damit. Zumindest hat er einen festen 4-Stunden-Rhythmus und schläft sehr gut ein. Genauso handhaben wir das mit dem Stillen – nein, ich wecke mein Kind nicht zum Stillen und nein, ich schaue auch nicht auf die Uhr (die ersten 3 Tage in der Klinik habe ich es gemacht und wurde halb doof davon). Mein Kind wird nach Bedarf gestillt und wenn ich den Eindruck habe, dass eine Brust fertig ist, wechsle ich ganz einfach die Seite. Ich merke jetzt in den wenigen Tagen schon, wie einfacher alles ist und vor allem wie anders. Mein Fazit: Ich habe beim Ersten viel zu viel auf Andere gehört und viel zu wenig Intuition an den Tag gelegt.

Die restliche Woche verlief übrigens recht ruhig. Das Baby hat einen festen 4-Stunden-Rythmus und P. fügt sich liebevoll ein – alles ist halb so kritisch, wie ich mir es gedacht habe. In der ersten Woche kam unsere Hebamme täglich zum Wiegen und der Kleine hatte schon nach 6 Tagen das Startgewicht wieder erreicht – die Milch scheint also dort anzukommen, wo sie soll 😉

Insgesamt bin ich mit meiner Rolle als 2-fach-Mama sehr glücklich und versuche beim kleinsten aufkommen von Stress gelassen zu reagieren und vor allem achte ich darauf, dass ich von P. nicht zu viel erwarte. Ich selbst bin große Schwester und kenne die „Laster“, die man da plötzlich auferlegt bekommt.

Achso und noch etwas: Ich genieße wirklich mein Ich ohne Bauch – hach ist das toll wieder auf dem Bauch liegen zu können und alles geht viel leichter.