Ich verfluche dieses Wort und doch hält es Einzug in unser alltägliches Leben: „Trotzkopf“. Ein Hoch auf den Mann oder die Frau, die diesem Umstand im Leben eines Kindes einen Titel gab. Manchmal ist es hier wirklich zum Verzweifeln und man fragt sich innerlich, ob die Supernanny nicht mit hocherhobenem Finger walten und P. direkt auf die stille Treppe verfrachten würde und uns anschließend unsere Fehler in einem direkten Videovergleich darlegt, aber die Nanny ist ja nicht hier und daher sitzen Mama und Papa oftmals mit großem Fragezeichen auf der Stirn zusammen und lassen den Tag Revue passieren.

„Ich will mich nicht waschen“ – Waschlappen fliegt durchs Badezimmer
„Mir egal, ob die Zähne weh tun“ – Zahnbürste wird im 90 Grad Winkel verbogen
„Anziehen ist doof“ – Biss in die Hose erfolgt
„Ihr seid böse“ – fiesester Blick wird aufgesetzt
„Ich mach das kaputt“ – hat das Kind da einen Stein?
„Ich geh nicht mit“ – Schmiss, mutig nach vorn und ab auf den Boden, Festhalten an Grashalmen oder Schranktüren.
„Ich kann das alleine“ – man hört es im Nebenzimmer laut krachen und anschließend Geschrei
„Du sollst weggehen“ – wegschieben sämtlicher Personen
„Du bist nicht mehr mein Freund“ Arme verschränkt und gezieltes Ausgrenzen
Ja, es kann manchmal echt hart sein, wenn das eigene Kind realisiert, dass es ein eigenes Individuum ist, Entscheidungen treffen kann und die Konsequenzen dafür tragen muss. Verfolgt man ein bisschen die Berichte anderer Mütter, dann ist dieses Trotzkopfalter vom unauffälligen Allesmacher bis hin zur tickenden Wutbombe bestickt. Unser Kind befindet sich womöglich im guten Mittelfeld – ist aber auch völlig wurst, denn ich habe nach und nach gelernt, dass meist sich nicht nur das Kind im Weg steht, sondern wir als Eltern auch häufig viel dazu beitragen.
Trotzkopf trotz

Wir reden wie Bücher und irgendwann werden wir zum Tonband

„Kind, man MUSS sich waschen – das ist einfach so – also basta“ Kind wird gewaschen unter schreien
„Kind, das ist aber nicht schön, wenn du die Sachen kaputt machst“ Sachen werden aufgehoben oder Kind wird dazu angehalten
„Kind, man sagt so etwas doch nicht. Ich möchte das nie wieder hören“ Ja, ist nämlich von unserer Gesellschaft nicht anerkannt 😉
„Kind, was machst du denn schon wieder?“
„Kind, du gehst jetzt mit“ am Arm gezerrt… 
„Kind, das darf man nicht“
„Nein, geh da weg“
„Lass das“
„KIND!!!“
„Hör auf damit!“
„Pass auf!!“
„Was machst du?“
„Hast du nicht gehört?“
„Noch einmal, aber dann….“
„Wenn du jetzt nicht sofort hörst….“
„UAHHHHH…..“
In der Tat, ich sage sicher nicht alle dieser Redewendungen, aber wenn ich mir Gedanken über meine „Erziehung“ mache (ich verwende das Wort Erziehung äußerst ungern, das klingt so nach Dressur), dann fällt mir auf, dass ich wirklich viel rede und kommentieremein Kind wird das Meiste davon einfach ungefiltert durchsickern lassen. Wahrscheinlich höre ich mich in P.s Ohren oft wie die Autobahn zu Karfreitag an „wummm, wummmm, quieeeeeeeetsch, krach, wummmmmm, ratatatata, wummmmmmm….“.
Das Fatale daran ist, wenn der Trotzkopf gerade kopflos trotzt, kann man ganze Bücher herunter beten – er wird mir in dem Moment nicht zuhören und in meinem Anfall von Ansagen mache ich das Ganze wahrscheinlich nur noch schlimmer, gebe dem Trotz neuen Aufschwung und frustriere mich selbst. Genauso fatal wäre aber der Schritt in die Richtung, dass durch die Erfüllung aller Wünsche einfach das Trotzen verhindert wird. Es gibt gewisse Dinge die sind einfach nicht okay: Steine schmeißen zum Beispiel. Straft man das Kind mit totaler Ignoranz fühlt es sich aber wiederum unverstanden.
Hach ich sag euch eins: Manchmal ist das Elternsein gar nicht so einfach. Aber ich sag euch auch noch etwas: Wir müssen viel viel sparsamer mit Ansagen umgehen, denn nur dann haben sie auch eine Wirkung im Ernstfall und gehen nicht im Alltag unter.