Wir werden häufig von unseren Lesern gefragt, wie man Schnitte digitalisiert bzw. Schnitte mit dem PC erstellt. Heute möchte ich ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern und Interessierten ein paar nützliche Tipps geben, bzw. auch ein wenig aufzeigen, dass das Erstellen und Digitalisieren von Schnitten gar nicht so einfach ist.

An all die Leute und Leser, die sich nun eine Universalanleitung erhoffen und das Geheimnis darüber, wie man Schnitte erstellt, muss ich leider ein entäuschendes: „Nein, das können wir euch jetzt nicht alles in einem Post schildern“ richten. Zudem muss ich dazu sagen, dass es auch nicht ohne Weiteres möglich ist ein Schnittmuster zu erstellen. Dafür braucht es neben ein wenig Erfahrung auch ein paar Formeln, Werkzeuge und Tabellen.

So entsteht ein Schnittmuster bei Mamahoch2

Zunächst brauchen wir natürlich eine zündende Idee bzw. meist ist es so, dass wir für uns oder die Kinder etwas nähen möchten und dabei denken: „Hey, das wäre doch eigentlich etwas für die Leser“. Den Ursprung nimmt das Schnittmuster also in unseren Köpfen. Im nächsten Schritt werden die Maße unserer Kinder oder uns zu Nutze gemacht oder vorhandene Kleidung, die wir ausrangiert haben und bewusst verändern können.
Schritt 1 bedeutet also: Schnitt grob skizzieren
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 Schritt 2 – wäre dann den Schnitt in Teile zu zerlegen (Ärmel, Rückteil, Vorderteil) – So wie er eben später auf dem SM-Bogen erscheinen muss, damit man es nähen kann.

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Schritt 3 – Nun wissen wir welche Teile wir gebrauchen können und nehmen Maß an unseren Kindern und / oder orientieren und an Maßtabellen. Wir fertigen also unseren „Prototypen“. Fehlende Maße kann man mit Formeln zur Berechnung der Proportionsmaße ermitteln.

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Schritt 4: Das gezeichnete und vermessene Protoyp Kleidungsstück wird genäht und dem Mensch angezogen, von dem die Maße genommen wurden – Es wird überprüft, ob alles passt und der Schnitt umsetzbar ist bzw. war.
Schritt 5: Nach eventuellen Änderungen werden die anderen Größen gezeichnet. Hier haben wir aufgrund der Erfahrung Tabellen mit Maßen oder ziehen auch hier wieder Berechnungen heran.

Schritt 6: DIGITALISIEREN.

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Jetzt kommen wir zu dem Punkt, der einige von euch ganz besonders interessiert. Als Grundlage braucht ihr auf jeden Fall den Schnitt per Hand gezeichnet. Anders als oft angenommen, besitzen wir kein Programm, dass mal eben den ganzen Schnitt für uns berechnet und zeichnet, sondern wir zeichnen das im kostenfrei, downloadbaren Inkscape. Besser gesagt mein Mann hat sich dessen angenommen und unterstützt mich bzw. uns da sehr.Da das Digitalisieren an sich sehr komplex ist, würde ich bei Interesse gerne ein Tutorial als extra Beitrag dazu starten. Im Grunde wird es aber durch die Arbeit in mehreren Ebenen eine runde Sache. Dabei scannt man seine vorgezeichneten Schnitte (so die einfachste Variante) im A4 Format ein und arbeitet sich dann von Blatt zu Blatt. Durch das Arbeiten mit Koordinaten auf der X- und Y-Achse hat man die Möglichkeit die Punkte genau festzusetzen und somit die Möglichkeit eine Zeichnung 1 zu 1 zu übernehmen. Zusätzlich können mit Kurvenmarkern eben auch Linien rund gezogen werden, sodass Halsausschnitte kein Problem darstellen.

Dieser Beitrag soll als kurzer Bericht dienen und als Übersicht. Wir gehen gerne auf spezielle Themen genauer ein (auf Wunsch). Wir bitten aber um Veständnis, dass es uns nicht möglich sein wird euch das Schnitt erstellen in Perfektion beizubringen.Einen Tipp haben wir jedoch für euch. Wer gerne selbst Schnitte zeichnen bzw. erstellen möchte, sollte einen vorhandenen Schnitt nehmen und diesen umwandeln. In unseren Erweiterungen für Autumn Rockers könnt ihr sehen, was man alles aus einem Schnitt rausholen kann und wir schwören euch, dass das nicht nur bei einem Pullover der Fall ist. Nahezu alles kann man modifizieren.

Noch ein Tipp: Beginnt mit statischen Schnittmustererstellungen und übt daran das Digitalisieren im Inkscape. Es ist zu Beginn wesentlich einfacher ein Schnittmuster für eine einfache Geldbörse oder Tasche zu erstellen, als für ein komplexes Kleidungsstück in verschiedenen Größen unter Berücksichtigung der Proportionen. Steigert euch von Mal zu Mal und gewinnt dadurch Sicherheit.

Zudem solltet ihr räumlich denken. Mir fällt es so sehr auf: Seitdem ich Schnittmuster erstelle, zerlege ich gedanklich sogar die Kleidungsteile in Katalogen. Erinnert euch an euren Geometrieunterricht und  zerlegt den Würfel – genauso, oder zumindest so ähnlich ist es mit den Schnittmustern und fertigen Schnitten. Wenn es euch interessiert, wie etwas genäht wurde, so traut euch und zerschneidet ein altes Shirt entlang der Nähte – dies bringt euch einen unschätzbaren Erfahrungswert ein.

Viele Grüße und viel Erfolg!!