Weihnachten ist für uns jedes Jahr immer wieder die Zeit, die uns ein wenig zum Denken anregt. Beim Warenkorb befüllen, schleicht sich ganz heimlich der Gedanke in den Kopf: „Ist es wirklich gerecht so viel zu schenken, wenn an anderer Stelle so viel Leid erfahren wird?“. Wir schauen uns um, verfolgen die Nachrichten und stehen oft etwas verdattert da, in welche Welt unsere Kinder da hineingeboren wurden. Arm und reich klafft mehr und mehr auseinander. Man stellt sich Fragen, wie „Was ist gut und was ist böse? Bin ich gut? Bin ich gut genug? Bin ich eine gute Mutter? Tu ich zu wenig? Geb ich zu wenig?“.

Pullunder Mädchen (9)

Es ist schwer in Worte zu fassen, aber uns fällt es in vielen Hinsichten mittlerweile schwer ein „richtig“ und ein „falsch“ zu definieren. Es ist nicht übertrieben, wenn wir sagen, dass wir inzwischen ein Problem damit haben den „richtigen Weg“ zu erkennen. Man kann dafür der Gesellschaft die Schuld geben, man kann dafür seinem Umfeld die Schuld geben oder auch die Schuld bei sich selbst suchen. Der rechte Weg fängt bei so vielen kleinen Dingen an: Wie viel Spielzeug muss ein Kind haben und wie sieht ein gelungenes Weihnachtsfest aus? Ist es okay, auch einmal zwischendurch zu schenken? Es geht weiter über große Dinge: Wie sollte man mit der Flüchtlingsthematik umgehen, was sollte man selbst tun und wann hat man genug getan? Sollte man nicht gerade jetzt etwas tun? Reicht es einfach dafür zu sein oder sollte man auch tolerieren dagegen zu sein? Wir stehen da und sehen, wie sich die Gesellschaft an teilweise banalen, aber auch an grundsätzlichen und wichtigen Themen aufhängt.

Kinder kennen keinen Feind

Überall wird diskutiert und gestritten. Es wird darüber gestritten, ob man ein Kind impft oder nicht, ob man stillt oder nicht. Man muss sich schlecht fühlen, wenn man schnell wieder arbeiten geht, aber auch, wenn man Hausfrau bleibt. Es werden ganze Straßenkriege geführt, weil sich die Gesellschaft in Wutbürger, Rassisten und Willkommenskultur teilt und irgendwo dazwischen stehen wir und blicken auf unsere Kinder.

Der Große sagte eines Tages: „Bei uns im Kindergarten ist jetzt die Nujang und die spricht allergisch.“ Er kennt keine Willkommenskultur, kennt kein allgerisch. Er kennt auch keine Ausländerfeindlichkeit. Er kennt keine Flüchtlinge und er kennt keine Waffen. Motte nimmt den Nuckel wenn sie weint und sagt, dass er sie tröstet. Sie kennt keine Mütter, die ihrer Mutter wiederum erklären, dass das Kind dann krumme Zähne bekommt und eine verwöhnte Göre wird. Sie kennt auch keine Ratgeber, die ihre Mutter zum Versager machen, weil sie dem Kind das Einschlafen nicht nach Knigge lernt und der Kleine trinkt jeden Abend seine Bulli zum Einschlafen und schlief seit dem ersten Tag mit Decke. Seine Mutter wird von anderen als verantwortungslos hingestellt, weil sie jeden Abend das Risiko eingeht, dass der Kleine ersticken könnte. Ihn interessiert das nicht. Er freut sich, dass er sanft in den Schlaf begleitet wird. Er freut sich, dass er nicht den Schlafsack angezogen bekommt und die ganze Nacht weinen muss und er freut sich, dass Motte genauso schön einschläft mit ihrem „Nucki“. Nie würde der Große zu Motte sagen, dass sie ein kleines Baby mit Nuckel ist und nie würde Motte zu ihm sagen, dass er eine übertriebene Willkommenskultur an den Tag legt. Niemals würde irgendein Kind zum Kleinen gehen und ihn auslachen, weil er eine Flasche Milch zum Einschlafen trinkt. Für Kinder ist das alles kein Problem – wir Erwachsene machen eines draus.

Wir können unseren Kindern den festlichsten Anzug anziehen, das spießigste Essen kochen und den tollsten Tannenbaum aufstellen. Ja, wir können der ganzen Welt zeigen, dass wir so tolle, perfekte Eltern sind und tausende Geschenke vorbereitet haben, aber wir zeigen damit nur eines: Dass wir es uns selbst beweisen müssen – immer wieder, Tag für Tag und es nur daran liegt, dass wir bei dem Versuch das richtige zu tun vergessen auf unsere eigenen Kinder zu schauen und auf unsere inneren Gefühle zu hören.

 

Kinder sind unbefangen, frei und uneingenommen. Sie lieben das Leben, möchten es fühlen, kennen lernen und erleben. Sie möchten glücklich sein, in ihrem Tempo und auf ihre Weise Kind sein dürfen und an Weihnachten möchten sie vor allem eines: geliebt werden; Menschen um sich haben, die sie lieben und unbeschwert gemeinsam feiern.

Wir sollten uns von ihnen eine Menge abschauen und lernen. Dann gäbe es nicht die Probleme, die wir aktuell auf der Welt haben. Wir müssten nicht darüber nachdenken, was „gut“ und „böse“ ist. Wir würden automatisch den rechten Weg einschlagen und ein wenig mehr aufeinander zugehen…

Weihnachtsbaum (5)