Wir freuen uns heute ein weiteres Geburtserlebnis auf unserer Seite veröffentlichen zu dürfen. Mama Susann berichtet über das plötzliche Ende ihrer ersten Schwangerschaft, ihre Frühgeburt und wie es ihr damals und auch heute noch damit geht.

Geburtsbericht Frühchen

Meine Schwangerschaft verlief in den ersten 4 Monaten so wie bei vielen sicherlich auch. Mit viel Vorfreude, Übelkeit (Zähne putzen ging gar nicht), den ersten Ultraschallbildern. Ein kleines Bäuchlein war auch schon zu sehen und darauf war ich mächtig stolz. Soweit, so gut.

Dann begann der 5. Monat und alles wurde anders. Mein Blutdruck stieg an, was meinen Frauenarzt beunruhigte und ihn veranlasste, mich auf blutdrucksenkende Tabletten einzustellen. Ich habe auch vor der Schwangerschaft schon Bluthochdruck gehabt und Tabletten genommen, doch als ich mit der Pille aufhörte, regulierte sich der Blutdruck und ich kam ohne Tabletten aus. Somit war es für mich erstmal kein Problem, Tabletten nehmen zu müssen. Der Blutdruck ließ sich nur davon nicht beeindrucken und stieg weiter. Mein Arzt überwies mich in die Uniklinik zur weiteren Behandlung und ich sollte noch am gleichen Tag dort vorsprechen. Meinem Mann war sofort klar, dass ich dann auch dort bleiben muss. Ich selbst war verunsichert, aber dachte nicht daran, dass ich stationär behandelt werden müsste. Mir ging es doch gut. Den Bluthochdruck selbst habe ich nicht einmal gemerkt. Es kam aber so, wie mein Mann es schon befürchtet hatte. Eine Woche Krankenhaus zum Tabletten einstellen. Am Freitag wurde ich wieder entlassen, alles war gut und die Ärzte waren guter Dinge, dass ich mit der Dosierung gut auskommen würde. Und ich war froh, wieder daheim sein zu können. Leider nicht sehr lang….

 

Im Laufe des Tages bekam ich Wehen

Also ich vermutete erstmal nur, dass es welche sein könnten, es war ja meine erste Schwangerschaft. Kurz vorm zu Bett gehen bekam ich plötzlich starke Blutungen (mein Mann sagte später, er hat noch nie so viel Blut gesehen). Mit Blaulicht ging es dann sofort zurück ins Krankenhaus . Das CTG bestätigte die Wehen und ich wurde im Kreißsaal einquartiert und kam an den wehenhemmenden Tropf. Die Ursache der Blutung konnte nicht wirklich ausgemacht werden. Am nächsten Morgen ging es dann auf Station. Ich war ziemlich erschöpft von den Medikamenten, der Angst und der schlaflosen Nacht. Dass ich aber bis zum Ende meiner Schwangerschaft nun auf dieser Station bleiben würde und dass das Ende der Schwangerschaft schon in 2 Wochen sein sollte, daran hätte ich im Traum nicht gedacht. Doch genauso kam es.

Nach einer Woche bekam ich Rückenschmerzen. Der erste Verdacht der Schwestern war, dass es an der Matratze liegt. Ich durfte zwar aufstehen, aber nur um ein wenig auf dem Gang spazieren zu gehen. Naja und da verbringt man viel Zeit im Bett. Der Physiotherapeut sollte Linderung verschaffen, doch nach der routinemäßigen Blutuntersuchung kam nicht der Physiotherapeut sondern die Oberärztin zu mir. Die Rückenschmerzen kamen von der Leber. Ich hatte ein HELLP-Syndrom entwickelt, eine schwere Form der Präklampsie (Schwangerschaftsvergiftung). Grob beschrieben zeigt sich dieses Syndrom in Schüben, bei denen die Funktion der Leber und der Niere der werdenden Mutter versagt verbunden mit einem Thrombozytenabfall, was wiederum das Wachstum des Babys bis zu 50% verlangsamt. Dieser Krankheitsverlauf kann nur durch eine Beendigung der Schwangerschaft, sprich Geburt, gestoppt
werden. Zusammengefasst also „gar nicht gut“, es besteht akute Lebensgefahr für Mutter und Kind

Mein Glück war es, bereits unter medizinischer Betreuung gestanden zu haben. Denn eigentlich sind die Symptome für diese Erkrankung Oberbauchschmerzen, Kopfschmerzen und eingeschränktes Sehvermögen; hatte ich alles nicht und wegen Rückenschmerzen in der Schwangerschaft wäre sicher niemand auf die Idee gekommen, das habe einen ernsten Hintergrund. So langsam realisierte ich aber, wie ernst es war und dass ich vermutlich keine 9 Wochen mehr durchhalten werden kann. Tatsächlich habe ich diese Schübe 5 Tage lang ausgehalten. Die Schmerzen wurden von Schub zu Schub stärker und die Abstände dazwischen kürzer. Ich musste Schmerzmittel nehmen und mehrmals täglich wurden meine Blutwerte kontrolliert. Mein Blutdruck stieg zwischenzeitlich auf 190 zu 110. Die Ärzte versuchten, die Schwangerschaft so lang wie möglich aufrecht zu erhalten. Doch in der einen Nacht zu Montag wurden die Blutwerte so schlecht, dass die Oberärztin am Morgen wieder an meinem Bett stand und meinte, rufen Sie ihren Mann an.

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Wir müssen das Baby sofort holen

Auch wenn es klar war, dass das Baby eher auf die Welt kommen wird und auch wenn die Ärzte und das Pflegepersonal im Vorfeld mir schon für den Fall der Fälle vieles erklärt hatten, war ich an dem Morgen trotzdem wie gelähmt und wusste nicht, ob ich weinen oder mich freuen sollte… Meine liebe Bettnachbarin hat dann noch kurz vor der OP ein Foto von meinem Babybauch gemacht, das einzige was es gibt. Ich war ja erst in der 32. Woche und das Fotoshooting sollte erst noch stattfinden. Wir hatten uns auch noch nicht auf einen Namen geeinigt. Das taten mein Mann und ich dann auf dem Klo, kurz bevor ich den Katheter gelegt bekam. Und dann ging sie auch schon los: die längste Stunde meines Lebens.

Mein Blutdruck war hoch, doch zum Glück noch in dem Bereich wo eine PDA gelegt werden konnte. Sie musste allerdings beim ersten Mal sitzen und das tat sie auch, ich habe es kaum gespürt und es war gar nicht schlimm. Viel schlimmer empfand ich kein Gefühl mehr in den Beinen zu haben. Dann ging es los, mein Mann durfte nicht mit in den OP-Saal. Er wartete nebenan im Untersuchungsraum auf unser Baby. Nur die Anästhesistin saß an meiner Seite und konnte mir ein wenig Mut zusprechen und mir sagen, was gerade gemacht wird. Ich habe das Rucken und Schieben gespürt, als sie die Kleine rausgeholt haben. Es fühlt sich ein wenig an, als würden die Hände der Ärzte im Bauch rumwühlen, irgendwie befremdlich. Und dann war sie da, dass meinten die Ärzte. Ich selber habe sie weder gesehen noch gehört. Kein Schreien oder ähnliches… Sie wurde sofort nach nebenan gebracht und versorgt. Mein Mann hat sie dann das erste Mal gesehen und konnte zumindest ein Foto machen und, er hat sie auch weinen und schimpfen gehört. Sie wurde in Folie gewickelt um sie warm zu halten und kam dann an die Beatmung und im Inkubator auf die Intensivstation.

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Ich lag noch im OP ohne zu wissen, wie es meinem Kind geht, ob sie es schaffen wird, ob sie überhaupt lebt. Die Ärzte haben mir nur gesagt, dass es ein Mädchen ist und waren dann mit mir beschäftigt. Man wollte mich beruhigen indem man sagte, die Kinderärzte sind für sie da und kümmern sich um sie. Das hat mich aber nicht beruhigt, ich hab minütlich an die Uhr geschaut, die OP wollte einfach nicht vergehen. Irgendwann lag ich dann auch auf der Intensiv. Die Schwester meinte, meinem Baby ginge es gut und dass mein Mann im Kreißsaal auf mich wartet. Dorthin kam ich dann eine gute Stunde später, als meine Werte alle soweit stabil waren. Ich war so froh, wieder in seiner Nähe zu sein, seine Hand zu spüren. Er hat mir dann von unserer Tochter erzählt, von ihren ersten Minuten und dass sie wirklich geschrien hat.

Sie kam 10:51 auf die Welt. Gegen 14 Uhr kam die Oberärztin zu mir, um nach mir zu schauen. Danach durfte ich endlich zu meinem Kind. Im Bett wurde ich auf die ITS gefahren, ganz nah an den Brutkasten heran. Da lag ein winzig kleines Wesen mit jeder Menge Schläuchen und Kabeln und Maschinen. Sie wog 1310 Gramm und war 40 cm groß. Und es ging ihr gut! Sie musste noch beatmet werden, doch nur bis zum nächsten Tag. Danach schaffte sie es von allein. Ich durfte meine Hand an ihren kleinen Kopf legen, aber nicht streicheln, diese Reize können Frühchen noch nicht so gut verarbeiten. Aber das Spüren der warmen Hand am Kopf beruhigte sie (bis heute mag sie es, wenn ich meine Hand zu Einschlafen an ihren Kopf lege). Mir schossen tausend Sachen durch den Kopf: Freude wich der Angst und der Ungewissheit wird sie es schaffen, wird sie Schäden davontragen, werden Komplikationen auftreten, warum darf ich sie nicht in meinen Armen halten… Und dann wurde es mir plötzlich schlecht und ich kam zurück in den Kreißsaal.

 

Nach der Geburt…

Ich blieb noch eine Woche in der Klinik. Mein Körper erholte sich nur schwer und so bekam ich auch noch Blutkonserven, die helfen sollten, mich wieder auf die Beine zu bekommen. Zu meiner Tochter kam ich nur 1-2 x kurz am Tag, obwohl wir gar nicht weit voneinander lagen. Auch als ich dann zu Hause war, war ich immer noch sehr schwach und konnte so immer nur 1-2 Stunden am Tag bei ihr verbringen. 5 Wochen nach ihrer Geburt durfte sie endlich nach Hause und es kam langsam so etwas wie Normalität auf. Soweit die „Fakten“.

Was sich aber viel schwerer beschreiben lässt, sind die Gefühle. Selbst nach nun 4 ½ Jahren kann ich mich an die OP, als „Geburt“ bezeichne ich es heute immer noch ungern und die Einzelheiten erinnern, als wäre es gestern gewesen. Ich habe noch nie so eine Angst gespürt. Um mich, vor allem aber auch um mein Kind. Sie lag da und  kämpfte um ihr kleines Leben und ich lag daneben und konnte nichts tun, außer den Ärzten zu vertrauen. Es war wohl auch eine Art Schutzreaktion, dass mir mein Kopf zu Beginn immer gesagt hat „die Kleine gehört noch den Ärzten, die sorgen sich um sie“. Do konnte ich es einigermaßen
aushalten, nicht öfter und länger bei ihr sein zu können, denn das gab meine Gesundheit einfach nicht her.

Baby Meilensteinkarten (1)

Es lief alles ab wie in einem Film

Man funktioniert einfach so gut es geht, vertraut den Ärzten, hofft von Tag zu Tag und realisiert eigentlich gar nicht, was alles passiert. Erst nach und nach,
als sie dann von der ITS auf die Neonatologie verlegt worden ist und ich mich mehr um sie kümmern konnte, sie wickeln und füttern, vor allem aber mit ihr kuscheln konnte. Da fing ich langsam an, mich auch als Mutter zu fühlen und zu spüren, das kleine Wesen ist mein Kind. Auch wenn es sich vielleicht befremdlich anhört, aber am Anfang zweifelte ich oft, ob die Kleine wirklich mein Kind ist. Ich hatte sie ja nicht gesehen bei der Geburt und erst Stunden später brachte man mich zu einem Kind, was ich nicht in die Arme schließen konnte, welches ich nicht stillen konnte, mit dem ich die ersten Minuten seines Lebens, die immer als soo wichtig beschrieben werden, nicht teilen konnte.

Ich saß oft morgens daheim, wenn alle anderen aus dem Haus waren, schaute mein Kind an und habe einfach nur geweint, weil ich nicht verstanden habe, warum ich diesen magischen Moment der Geburt nicht erleben durfte, warum ich nicht genug Milch habe zum Stillen, warum mein Körper es nicht geschafft hat, die ganzen 9 Monate der Schwangerschaft zu meistern. Hinzu kam, dass ich ein total befremdliches Gefühl im Bereich der Narbe vom Kaiserschnitt hatte. Sobald ich sie berührt hab, musste ich weinen. Fast wie auf Knopfdruck. Bis heute fühlt sich der Bereich leicht taub an. Ich merkte, dass mich das alles viel zu sehr belastet und ich beschloss, mir Hilfe zu holen.

Fast ein Jahr war ich in psychologischer Betreuung und das tat mir wirklich gut. Ich habe gelernt, die Geburt als meine Geburt anzunehmen, es zu akzeptieren und auch Gutes daraus zu ziehen. Und mittlerweile hat sich die Kleine auch richtig gut entwickelt. Wir hatten zum Glück nur 2 Rückschläge. Noch in der Klinik musste bei ihr mit gerade mal 2 Wochen ein Leistenbruch operiert werden. Keine Seltenheit bei Frühchen und später stellte man bei ihr noch einen leichten Herzfehler fest, welcher noch operativ behoben werden muss. Sie ist für ihr Alter noch sehr zart und klein, aber sonst merkt man ihr nichts an.

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Den Kampfgeist, den sie von Anfang an hatte und ohne den sie sicher die Zeit nicht so gut überstanden hätte, den hat sie behalten und das ist auch gut so. Ich bin so dankbar, dass ich so eine tolle Maus als Tochter habe und genieße jeden Moment. Mit etwas Abstand relativiert sich doch alles wieder. Und doch lässt mich das Thema „Frühchen“ nicht los. Aus medizinischer Sicht können wir uns sehr glücklich schätzen über den Wissensstand der Ärzte und die Möglichkeiten die
wir heute haben um den Frühchen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Doch finde ich, darf man die Eltern nicht vergessen, die sich plötzlich in einer Situation vorfinden, die in keinem der schönen Zeitschriften und Büchern für werdende Eltern steht. Die Krankenschwestern haben ihr Bestes gegeben, um uns zu unterstützen. Aber mir hat viel mehr geholfen, mit jemanden zu sprechen, der das gleiche durchgemacht hat und die Ängste und Sorgen nachvollziehen kann.

Deswegen freue ich mich sehr, dass ich meine Erlebnisse hier schildern konnte und somit vielleicht anderen Frühchen-Eltern das Gefühl geben kann, dass sie nicht allein sind.

 

Wir danken Susann für den Einblick in ihre Geburt und das Teilen ihrer Erlebnisse mit uns und wünschen dir weiterhin alles Liebe und Gute!

 

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