Heute dürfen wir wieder gemeinsam mit einer Mutter einen Einblick in ihre Geburt erleben. Julia berichtet uns von dem plötzlichen Ende ihrer Schwangerschaft und der schnellen Geburt ihrer Tochter.
Ich schildere meine Geburten immer gerne, insbesondere die Erste. Das hilft mir immer noch bei der Verarbeitung.
Meine erste Schwangerschaft war 2012, ich war glücklich, dass es nach 2 Jahren geklappt hatte und alles lief völlig normal. Um die 20. Schwangerschaftswoche wurde es problematisch. Ich hatte keine außergewöhnlichen Beschwerden aber zu diesem Zeitpunkt bekam ich ein seltsames Gefühl bei meinem Frauenarzt. Der Glucosetest zeigte eine Schwangerschaftsdiabetis an und mein Arzt warnte mich sehr eindringlich. Ich sollte besser auf meine Ernährung achten, sonst würde mein Baby zu groß werden und Probleme bekommen. Ich war am Boden zerstört und aß wirklich nur noch gesund, verkniff mir jede Süßigkeit.
Ein Monat später hieß es dann beim Doppler plötzlich mein Baby wäre zu klein, man müsste das beobachten. Meine Nerven lagen zu diesem Zeitpunkt schon blank. Ich hatte Angst. Angst um mein Baby, Angst vor einem möglichen Kaiserschnitt und der Stress im Hochsommer per Bus in 3 Praxen zu fahren, weil meine überlastet war, kam noch dazu.
In der 34. Schwangerschaftswoche sah ich aus wie ein Wal. Ich hatte in wenigen Wochen 10 kg zugelegt und mir war wieder öfter schlecht. Mein Arzt meinte, dass mein Baby auf den Magen drücken würde und ich halt vor der Schwangerschaft schon Übergewicht gehabt habe. Ich fühlte mich seltsam und mein Blutdruck stieg immer mehr, aber alle sagten mir das läge auch an der Hitze. Wer besser informiert ist, als ich damals, merkt schon worauf es hinausläuft…
Bei 38+3 war ich zum letzten CTG in der Praxis und ich war nie wieder dort. Das CTG sei eingeengt und ich solle zur Kontrolle ins Krankenhaus. Auf meine Nachfrage wann und wie schlimm es wäre wurde geantwortet „nur zur Kontrolle, fahren Sie morgen früh“. Das taten wir. Um 11:30 Uhr hatte ich den Termin und wurde in einem Himmelbett ans CTG gekabelt.
20 Minuten später brach die Hölle los
Drei Ärzte und mehrere Hebammen wuselten in den Raum. Eine Ärztin hielt mir Papiere unter die Nase „Ihre Tochter muss jetzt raus, sie müssen hier unterschreiben, wir machen jetzt eine Sectio!“
Ich unterschrieb, war sofort voller Panik und auch mein Mann fiel aus allen Wolken. Noch auf dem Bett wurde ich vorbereitet und watschelte mit Tränen in den Augen zum OP. Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst. Angst um mein Baby. Ich wurde um 12:00 Uhr in Vollnarkose gelegt und meine Tochter kam 6 Minuten später mit nur 1980 g und 46 cm zur Welt. Sie atmete nicht, ihr kleines Herz schlug mit weniger als 60 Schlägen pro Minute. Es sollten über doppelt so viele sein. Sie wurde intubiert und sofort auf die Neo gebracht. Ich hatte eine Eklampsie, die sich wohl schon 3-4 Wochen angebahnt hatte. Eine Stunde später hätte man meiner Tochter nicht mehr helfen können.
Ich konnte erst 24 Stunden später zu ihr und weinte wie ein Schlosshund. Nicht wegen dem Inkubator, der Magensonde oder weil sie so klein war. Nur weil ich froh war, dass sie am Leben war. Ihr Reifegrad entsprach der 36. Schwangerschaftswoche. Wir mussten nur 2 Wochen auf der Neo bleiben und zum Glück ist sie heute eine wilde, gesunde manchmal unkonzentrierte Vierjährige. Das hätte auch anders ausgehen können. Lange habe ich recherchiert und mich gefragt warum ich nicht eher ins Krankenhaus gegangen bin. Was ich hätte anders machen sollen. Ich bin an jedem ihrer Geburtstage aufgewacht, musste an den Moment vor der Not-OP denken und habe geweint…
…bis vor 10 Monaten. Ja, ich habe noch ein Kind bekommen. Ich habe den Arzt gewechselt, bin mutig und geplant schwanger geworden und die Schwangerschaft war toll, auch wenn ich manchmal wohl mehr Angst hatte als normale Schwangere. Mein Sohn kam bei 38+0 (vier Tage eher als seine Schwester) mit geplanter Sectio. Ich hatte zu viel Angst, dass ich von der normalen Geburt doch noch irgendwie in eine Not-OP rutschen könnte. Er hatte 3300 g war 50 cm groß und ich konnte ihn direkt sehen und stillen und halten. Er ist Ende Juli geboren und Ende Oktober habe ich zum ersten Mal nicht weinen müssen, als meine große Kämpferin 4 wurde.
Danke, dass ich euch das erzählen durfte. Viele Grüße auch an eure Familien.
Julia
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Oh je! Das ist wirklich schrecklich… Hatte nach meiner 4. Geburt auch nach 2 Tagen zu Hause einen Krampfanfall und musste ohne mein Baby ins Krankenhaus… Leider konnte keiner mehr nachvollziehen ob es eine Eklampsie war. Doch die Frauenärzte tippen darauf. Ich hatte die ganze Schwangerschaft über sehr schlechte Eiweißwerte und Schwangerschaftsdiabetis. Dafür nur ganz leicht erhöten Blutdruck… Es wurde kein Langzeiturintest durchgeführt darum kann man nicht belegen das es eine Eklampsie war. Im Krankenhaus wollten sie mir eine genetische Epilepsie andichten obwohl das kein Mensch in unserer Familie hat! Mein Neurologe konnte das nach 6 Eeg nicht bestätigen. Also keine genetische Epilepsie. Im Wochenbett hatte ich noch 2 Krampfanfälle. Ich schätze weil die Tabletten zu schnell abgesetzt wurden 1000mg innerhslb von 2 Wochen. Also musste ich doe Tabletten wieder nehmen… Leider konnte ich nicht stillen und auch nicht mal mit dem Baby allein laufen… Es war nicht schön. Aber zum Glück war meine kleine kerngesund!!! Jetzt stehe ich 6 Tage vor meiner 5. Geburt und bin doch diesmal ziemlich ängstlich… Ich hoffe es geht alles gut! Es wäre schön wenn das Thema Eklampsie auch bei Frauenärzten mehr Thematisiert würde!
Liebe Julia,
Schön das es dir wieder gut geht und du uns teilhaben lässt.
Ich bin gerade sehr froh über meine Gynäkolgin, die zwar manchmal sensibel wie Krupp Stahl ist, aber mich zügig überweist, sofern nur ein bisschen was nicht passt.
Lass es dir mit deinen zwei lütten gut gehen!
Liebe Frühcheneltern,
auch ich habe vor 8 Jahren ein Frühchen zur Welt gebracht, viel, viel zu früh und mit ner Menge Komplikationen.
Meine Tochter Johanna wurde in der 28. SSW geboren und war nur eine handvoll Leben. Sie ist aber nach langem Hoffen und Bangen, ganz viel medizinischer Betreuung und ganz viel Liebe zu einem tollen, willensstarken Mädchen herangewachsen. Lediglich kleine Defizite machen sich nun in der Schule bemerkbar, aber ansonsten ist sie kern gesund.
Durch Facebook bin ich vor gut 1 Jahr auf ein Projekt aufmerksam geworden, wo eine Mutter ( selber auch 2 Frühchen) Eltern gesucht hat , die in einem Buch über Ihre Erfahrung in der Zeit im Krankenhaus und die erste Zeit zuhause berichten. Das haupt Augenmerk in diesem Buch liegt aber auf Vorlesegeschichten, die betroffene Eltern ihren Kindern am Inkubator vorlesen können. Ein superschönes Buch, finde ich und unsere komplette Geschichte findet sich dort auch wieder.
“ Eine Stimme für Frühchen “ Geschichten zum Vorlesen am Inkubator von Julia Schierholz-Urlichs…..Tanja Sehrndt
erhältich über Amazon….oder direkt beim GrünerSinn-Verlag
Liebe Grüße und ganz viel Kraft an alle Frühcheneltern
Heike
Liebe Julia,
schön geschrieben, auch wenn das Thema kein schönes ist! Ich musste gleich an die Geburt meines ältesten Sohnes vor mehr als 9 Jahren denken…Bei uns war es eine geplante Sectio wegen Beckenendlage, 10 Tage vor Termin! Ich war tierisch aufgeregt davor! Alles lief gut. Und danach habe ich zwischen Aufwachraum und dem nächsten Morgen auf ITS einen Filmriss! keine Ahnung was dazwischen passiert ist! Nach Berichten, war ich auf Station und hatte Besuch etc. Es gibt ein Foto davon mit Baby im Arm, mehr habe ich nicht! Jedenfalls wurde ich am nächsten Morgen notoperiert, wegen Einblutungen in den Bauchraum! Ich hatte eine Präeklamsie mit sogenannten HELLP-SYNDROM mit Leberversagen etc.! Danach lag ich drei Tage auf ITS, ohne Baby! Aber ich war leider auch noch zu sehr mit mir selbst beschäftigt! Dank der Schwestern von der Säuglingsstation, die zu mir kamen, um mit Handpumpe den Milcheinschuss anzuregen, hat es trotz der anfänglichen Trennung dann doch super mit dem Stillen geklappt! Das und die damit verbundene innige Bindung zum Kind, haben mir sehr geholfen, relativ schnell „zu vergessen“, dass ich es fast nicht geschafft hätte!
Im Nachhinein, mit mehr Wissen, gab es auch schon viel früher Anzeichen für eine Präeklamsie – Wassereinlagerungen (ich sah aus wie ein Michellin-Männchen ?) und Eiweiß im Urin-, die leider von meiner damaligen FÄin nicht erkannt wurden bzw. ich nicht darauf hin gewiesen wurde. Dazu kam noch, dass ich etwa einen Monat vor Termin zurück in die Heimat gezogen bin und hier nicht mehr beim FA war, erst zur Besprechung im KH wegen der Beckenendlage. Aber auch da hatte der Arzt nicht darauf geachtet. Heute kann ich sagen, dass die Beckenendlage mir (und wahrscheinlich dem Kind) das Leben gerettet haben!
Auch hat dieser schwierige Start mich nicht davon abgehalten, ein zweites Kind zu bekommen, obwohl wir eigentlich danach mit dem Thema erstmal abgeschlossen hatten! Als mein Wunsch, noch ein Kibd zu bekommen, immer größer wurde, habe ich Nachforschungen betrieben und bin dabei auf den Verein „Arbeitsgemeinschaft Gestose-Frauen e.V.“ gestoßen, die mir mit ihren Informationen und auch persönlicher Beratung sehr geholfen haben, meine Ursache für dad HELLP zu finden! Leider hatten wir auch beim zweiten Kind einen etwas schwierigen Start – der Kerl kam viel zu klein, fast 6 Wochen zu früh – aber auch hier hat sich alles zum Guten gewendet! Nun ist die Familie vollzählig! Weitere Aufregungen kann und will ich mir und meiner Famklie nicht zumuten! ?
Es ist schön, dass auch Dir das zweite Kind geholfen hat, über den damals schweren Start hinwegzukommen! Ich wünsche Dir und Deiner Familie alles Gute!
Gruß, Bine
Am Rande dieser sehr bewegenden Geschichte bitte nur diese Korrektur: es handelt sich um eine Präeklampsie, eine Eklampsie wäre ein Krampfanfall der Mutter unter der Geburt.