Wer uns schon länger liest, der weiß, dass wir keinen TV im Sinne eines Fernseher besitzen. Dennoch spielt bei uns das Thema Medienkonsum beim Großen (6) eine Rolle. Er ist an technischen Geräten von Klein auf interessiert und wenn ich es zulassen würde, dann würde er den ganzen Tag vor dem Laptop sitzen und sich Filme ansehen. Hier prallen wahrlich Welten aufeinander. Ich selbst lege keinen Wert auf Unterhaltung durch Serien und finde allenfalls eine Doku hin und wieder sehenswert. Er findet gefühlt jede 2. Serie für Kinder interessant und hatte bisher immer Probleme sich davon wieder loszureißen. Grundsätzlich möchte ich meine Kinder nicht zu sehr eingrenzen und ihnen zu viele Vorschriften machen (mag ich ja auch nicht), aber wenn ich sehe, dass das Leben geradezu vorbei rauscht, ist für mich ein Punkt erreicht, an dem ich bei unserer bedürfnisorientierten Erziehung an meine Grenzen komme.

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Das Thema TV schaukelte sich hoch und wir versuchten verschiedenste Lösungen zu finden. Ja, wir haben sogar versucht, dass wir ihm völlige Freiheit (im Sinne von „unerzogen“) lassen in der Hoffnung er würde sich „satt sehen“. Leider klappte das nicht. Irgendwann fiel mir auf, dass es vor allem daran scheiterte, dass das Zeitempfinden aussetzt. Wir kennen es vielleicht von uns selbst, wenn wir aktiv zusehen oder zuhören. In diesen Momenten konzentrieren wir uns völligst darauf und blenden die Welt um uns herum aus. Der Nachteil ist, dass die Wahrnehmung getrübt wird und die Eskalation praktisch vorprogrammiert ist, wenn ich als Mutter um die Ecke sause und meine: „Ich habe dir gesagt, dass du jetzt ausschalten sollst“. Die Antwort darauf war Unverständnis seinerseits, die kurz darauf in Wut umschlug. Wut darauf, dass ich ihm etwas Schönes nehmen wollte. Ich verstand, dass er sich ungerecht behandelt fühlte und ich sehe auch, dass ich von einem Sechsjährigen nicht verlangen kann, dass er erkennt, welche Konsequenzen zu viel TV auf lange Sicht haben können. Natürlich kann man ihm es erklären, aber die Tragweite ist in dem Alter einfach so weit weg, dass das Gehirn nur eines tut: „Mir unterbindet jemand das, was ich mag.“

Wie also dosiert man den TV Konsum ganz ohne Streit?

Mir war es wichtig eine Lösung zu finden, die uns beiden gerecht wird. Ich kann es verstehen, dass es ihn verdammt sauer macht, wenn ich etwas eindämmen möchte, dass er gerne tut. Ich selbst möchte mir ja auch nicht sagen lassen, was ich wie und wie lange zu tun habe. Bei Kindern rutschen wir komischerweise immer wieder da hinein, sie als „weniger“ und „unwissender“ und überhaupt auch „niedriger“ einzustufen. Ich finde diese Ansicht nicht korrekt. Ein Kind hat genauso Wünsche und Denkweisen, auch wenn sie in unseren Augen eventuell unsinnig ist, so haben sie bei Hinterfragen dann doch einen echten Sinn. Mir war es deshalb wichtig, dass er erkennt, dass ich ihm nichts wegnehmen möchte. So haben wir darüber gesprochen, dass mir es wichtig ist, dass er nicht den ganzen Tag TV sieht, sondern sich auch ins Zusammenleben integriert, seinen anderen Interessen nachgeht und wir Zeit zusammen verbringen können.

Achtung – zur Umsetzung benötigst du:

Im zweiten Schritt habe ich eine Eieruhr bestellt und mit ihm gemeinsam diese Chips gebastelt. Jeder Chip hat eine Wertigkeit von 30 Minuten. Ich habe mich mit ihm darauf geeinigt, dass er 5 Chips pro Woche erhält. Ich möchte an dieser Stelle eine Diskussion über die richtige Dosierung und darüber, wie viele Stunden TV okay sind aber tunlichst vermeiden. Ich finde, dass muss jeden Familie für sich selbst festlegen. Er darf diese Chips die Woche über frei einteilen und einlösen. Er stellt sich seine Uhr selbständig und erkennt damit die ablaufende Zeit. Wenn die 5 Chips aufgebraucht sind, muss er sich bis zum nächsten Montag gedulden und das tut er auch, ohne Aufstand.

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Geschwisterlösung

Auch der Bruder bekam mit seinem 3 Jahren die gleiche Anzahl an Chips. Ich wollte damit symbolisieren, dass keiner benachteiligt wird oder wir die Kinder unterschiedlich behandeln. Er adaptiert inzwischen das Verhalten seines großen Bruder. Schauen die Beiden zusammen, so muss jeder einen Chip „bezahlen“, da beide konsumieren. Auch war es interessant zu sehen, wie unterschiedlich sie es handhaben. Während der Große das erste Mal direkt alle Chips einlöste, so sparte sich der Kleine diese für die ganze Woche auf. Schnell merkte der Große, dass er unklug gehandelt hat und änderte das Verhalten die Woche darauf. Weder ich war es, die ihm dazu nötigte, noch von oben herab „Befehle und Vorgaben“ gab. Er lernte dies ganz alleine.

Chips sind alle und nun herrscht Theater…

Auch, wenn ich grundsätzlich für ein freundliches Miteinander bin und Kompromisse, so ist es für mich wichtig hier klar zu bleiben. Sind die Chips alle und das Kind fordert lautstark Nachschub, so ist es meine Aufgabe ruhig, sachlich aber dennoch bestimmt zu bleiben: „Du hast alle deine Chips aufgebraucht. Ich verstehe, dass du nun wütend bist. Ich werde dir aber keine neuen Chips geben.“ Das Kuriose ist dabei immer wieder zu beobachten, dass die Kinder gar nicht auf die Idee kommen sich einfach Filme anzuschalten. Sie wüssten, wie man mein Handy entsperrt und zumindest Youtube öffnet, aber sie versuchen es nicht. Ich habe aufgehört mit ihnen zu diskutieren und sie haben das erkannt. Mir ist es wichtig, dass sie spüren, dass ich ihr Gedankengänge verstehe und wahrnehme, auch, dass ich ihre Wut aushalte.

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Kritik an meiner Methode..

Als ich im Netz diese Methode zeigte, gab es direkt Kritik. Beispielsweise, dass ich Medienkonsum zu etwas Besonderem mache. Aber genau das ist es ja eigentlich, was ich möchte: Es soll etwas Besonderes bleiben und nichts, dass man 24 h am Tag extensiv nutzt. Auch wurde mir gesagt, dass ich beide Kinder trotz unterschiedlichen Alters gleich behandle. Dies habe ich bewusst so entschieden, denn ich möchte niemanden das Gefühl geben, dass einer von Beiden eine geliebte Sachen mehr zugesprochen bekommt aufgrund seines Alters. Für mich ist das Alter nur eine Zahl. Ich kenne Kinder, die sich mit 3 wie 5 Jährige verhalten und ich kenne Kinder, die sich mit 5 wie 3 Jährige verhalten. Wieso sollte ich also Zugeständnisse an einer Zahl festmachen? Zu der Kritik, dass 2,5 h zu viel pro Woche seien oder zu wenig, möchte ich wie oben nochmals erwähnen, dass ich diese Entscheidung sehr individuell finde. Auch wurde erwähnt, dass nach 30 Minuten Schluss ja doof sei, wenn es mitten im Film ist. Auch hier muss ich sagen, wann ist dann der perfekte Zeitpunkt? Nach dem Film ist vor dem Film und es besteht jederzeit die Möglichkeit an einer Stelle zu stoppen und ihn dann später zu Ende zu sehen.

Ich hoffe, dass ich mit meiner Methode vielleicht auch anderen einen Lösungsweg aufzeigen konnte, der ganz ohne Geschrei und Frustration ablaufen kann.

Was hältst du davon?

 

Sabrina